Diabetes auf dem Vormarsch
Nach Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind heute weltweit 350 Millionen Menschen an Diabetes erkrankt. Das entspricht 8,3 Prozent der Weltbevölkerung. 60 Millionen davon leben in Europa, 500‘ 000 in der Schweiz.Jährlich sterben 3,4 Millionen Menschen an diabetischen Spätfolgen. 80 Prozent der Todesfälle ereignen sich in Drittwelt- und Schwellenländern. Schätzungen der WHO zufolge könnte sich die Zahl der Krankheitsfälle in den nächsten zwanzig Jahren mehr als verdoppeln: Diabetes wäre somit die siebtgrösste Todesursache weltweit.
Mehr Wohlstand, mehr Diabetes. Vor allem die Industrieländer sind von hohen Diabetes-Raten betroffen. Eine starke Zunahme ist in den Schwellenländern zu beobachten. Im asiatischen Raum erleben Länder wie Indien oder China derzeit eine Explosion der Erkrankungsraten – in Indien stieg die Zahl von 50.8 Millionen Erkrankten im Jahr 2010 in nur einem Jahr auf 62.4 Millionen Diabetes-Fälle und droht sich in den urbanen Zentren zu einer Epidemie auszuweiten.
Doch Diabetes ist deshalb keine Wohlstandskrankheit. In den Industrieländern nimmt hauptsächlich in den unteren Gesellschaftsschichten die Zahl der Typ 2 Diabetes-Fällen rasant zu. Assoziiert wird der Zuwachs mit dem ungesunden Lebensstil der Wohlstandsgesellschaft: Weltweit gestiegener Zuckerkonsum, der Verzehr von gesättigten Fettsäuren, raffiniertem Mehl, Convenience Food, wenig Bewegung und Gewichtszunahme, aber auch Lifestyle-Drogen wie Rauchen oder exzessiver Alkoholkonsum bringen den Metabolismus durcheinander. Dies geht so weit, dass der „Altersdiabetes“ heute bereits die Jungen angeht: Jugendliche Typ 2 Diabetiker sind keine Seltenheit mehr.
Doch nicht nur der Typ 2 Diabetes, auch die Autoimmunerkrankung Typ 1 Diabetes ist auf dem Vormarsch. Ein Vormarsch, der nicht mehr alleine auf genetische Ursachen zurückgeführt werden kann: Virale Infekte, Umweltgifte, aber auch eine gestörte Darmflora kommen als mögliche Ursachen in Frage. Noch hat die Forschung keine Lösung gefunden, den Autoimmunprozess zu unterdrücken.
Und das geht ins Geld: Über 10% der Gesundheitskosten verschlingt die Behandlung der chronisch Kranken in der Schweiz. Das US Gesundheitsministerium schätzt die Ausgaben für Diabetiker durchschnittlich um 2.3 mal höher ein als für Gesunde. Dies hat längerfristig grosse Auswirkung auf das Gesundheitssystem und die Wirtschaftsentwicklung insbesondere in denjenigen Schwellenländern, wo die Ausmasse der Epidemie besonders stark sind (siehe Grafik).
Quellen: WHO; Magazin „Nature“ (Vol. 485/Mai 2012); Schweizer Diabetesgesellschaft; Diabetes Schweiz